Die Promi-Factory

Hamburger Agentur mit Glamour-Faktor. In ihrem Studio gehen Stars ein und aus. Die Fotografen von glampool haben sich auf Shootings mit Schauspielern, Musikern, Spitzensportlern und anderen Celebrities spezialisiert. Mit Erfolg. Schließlich nutzt die Selbstdarstellung der Karriere – vornehmlich, wenn Veröffentlichungen in den großen Illustrierten winken.

TEXT: Manfred Scharnberg  FOTOGRAFIE: © glampool. Header Foto © Uwe Martin / glampool

„Coverfotografie ist harte Arbeit“, betont Michael Bernhard und räumt gleich mit dem Vorurteil auf, ein professionelles Shooting sei das reinste Vergnügen und ganz lässig. „Für ein gutes Foto nehmen prominente Modelle oftmals Körperhaltungen ein, die im normalen Leben unnatürlich wären, auf einem Foto aber sehr gut wirken“, erklärt der Fotograf der Hamburger Agentur glampool. „Eine Direktheit im Foto herauszuarbeiten und dabei noch locker zu bleiben, ist nicht einfach.“

Bernhard spricht aus Erfahrung. Seit 13 Jahren arbeitet er mit dem Bildretuscheur Patrik Hanuschka zusammen. 2006 gründeten sie die Fotoagentur glampool, die sich auf Celebrity-Fotos spezialisiert hat. Anfangs dominierten noch amerikanische Stars wie Jennifer Lopez die deutschen Titelbilder, doch Bernhard bewies mit seiner Fotografie, dass auch deutsche Promis Glamour ausstrahlen können.

Tonangebend in Deutschland

Heute ist glampool mit dieser speziellen Fotografie Marktführer in Deutschland und füllt ständig Cover wie Innenseiten renommierter Magazine und auflagenstarker Programmzeitschriften. Mit eigenem Studio in der Hamburger Hafencity und weiteren acht assoziierten Fotografen produziert die Agentur auf eigene Kosten aufwändige Studio- und Location-Shootings. Im Archiv stehen 13.000 Fotos für Redaktionen

zum Download bereit – unzählige weitere auf Abruf. Mehr als 400 Prominente hat die Agentur bereits fotografiert, darunter Jürgen Prochnow, Iris Berben, Placido Domingo, David Striesow, Senta Berger, Giorgio Armani, Lena Gercke, Dirk Nowitzki, Markus Lanz und die Klitschko-Brüder. „Auf diesem hart umkämpften Bildermarkt setzt sich unsere Qualität oftmals gegen kostenlose PR-Fotos durch“, erklärt Hanuschka selbstbewußt.

In der Medienbranche wird Bernhard oft „Titelpapst“ genannt, denn er schoss bereits Hunderte Cover. Auf die Frage nach seinem Erfolgsgeheimnis winkt er ab: „Es gibt keinen Trick, sondern es geht um die Summe vieler ineinandergreifender Faktoren, von Haarstyling übers Make-Up bis hin zur Retusche. Und ein professionelles Team ist natürlich wichtig.“ „Allein mit Licht, Körperhaltung und Brennweitenwahl kann man sehr viel bewirken“, erklärt der Fotograf. Bernhard arbeitet im Studio meist mit zwei, höchstens drei Briese-Blitzköpfen, die er maximal bis insgesamt 1.200 Wattsekunden ausreizt. Die weiche und trotzdem akzentuierte Lichtführung erreicht er mit Hilfe großer Lichtwannen und mannshohen Reflexwänden, also mit einer Kombination aus direktem und indirektem Licht. Auf seinen handlichen Canon 5D Mark III Body schraubt er in aller Regel die 24-70-mm-Optik f/2,8 von Canon. „Ich fotografiere relativ kurzbrennweitig, komme den Modellen sehr nahe. Die Person spürt meine Nähe, wodurch eine gewisse Intensität im Gesichtsausdruck entsteht“, erklärt Bernhard.

Gemeinsame Kontrolle

Für ihn gehört aber noch mehr zu einem guten Foto: „Ich arbeite mit den Persönlichkeiten intensiv an Hand- und Schulterhaltung, denn deren Stellung in Kombination mit Kinn und Augenlinie sollten eine interessante Komposition ergeben. Auch eine gewisse Körperspannung ist wichtig.“ Manchmal unterbricht er das Shooting,

um mit dem Model die ersten Ergebnisse als RAW-Dateien in Lightroom anzuschauen. Anhand der Bilder gelingt es ihm, besser zu erklären, dass beispielsweise eine ungewöhnliche Schulterdrehung interessant wirken kann.

Sonderregeln bei Titelfotografie

Insbesondere bei Covershootings gibt es für die Models etliche Tabus: Die Celebrities dürfen zum Beispiel ihre Hände nicht am Körper halten, keine ausschweifenden Bewegungen machen und sich nicht in die Haare fassen. Daher ist der Fotograf, wenn eine weibliche Prominente nach zwei bis drei Stunden in der Maske vor die Kamera tritt, „im Tunnel“, wie er sagt. Für seine Bilder konzentriert sich Bernhard vor allem auf Augen und Mund des Models: „Genau diese Partien sind oft am ausdrucksstärksten.“ Außerdem versucht er, eine positive Stimmung am Set aufzubauen. „Vergiss den Stress und die Probleme. Alles ist gut“, appelliert er, denn Cover sollen in der Regel ein glückliches, angenehmes Gefühl vermitteln. Solche Fotos werden mit Vorliebe gedruckt.

Deshalb – und natürlich weil sie auf den Fotos gut aussehen – begeben sich Stars bereitwillig und ohne Bezahlung einen ganzen Tag lang in die Hände von glampool-Fotografen. Promis und Fotografen investieren Zeit und Talent für einen Zweck, von dem beide Seiten profitieren: gute Veröffentlichungen in großen Magazinen. Weil ein großes Zeitschriftensegment – die der Fernseh- und Frauenzeitschriften – attraktive Frauen von Anfang zwanzig bis Mitte dreißig für ihre Cover bevorzugt, hat sich glampool auf diesen Markt eingerichtet. Allerdings nur zu einem Teil. Auch die Fotografie für Innenseiten – bei der auch Männer prominente Plätze einnehmen – pflegt die Fotoagentur ausgiebig. Für die Shootings, die im Studio oder on Location stattfinden, gelten die strengen Regeln der Coverfotografie allerdings nicht. Da dürfen schon mal die Haare zerzaust sein oder mit intensiver Mimik gespielt werden – aber nur wenn es zur Person passt.

Welcher Hintergrund, welche Location, sich für welchen Prominenten eignet, hängt von der Idee und der Entscheidung des Fotografen im Vorwege ab. glampool-Fotograf Uwe Martin greift dabei auf sein eigenes Archiv von Location-Fotos zurück, von einer stylishen Edelbar bis hin zu abgeblätterten Wänden eines Hinterhofs: „Bei der Auswahl des Hintergrunds geht es mir hauptsächlich darum, die grundsätzliche Ausstrahlung der Persönlichkeit zu unterstützen. Ist es ein technisch orientierter Mensch, ein kerniger Typ oder eher ein humorvoller?“ Allerdings dürfeeine Location immer nur Beiwerk sein und sich nicht in den Vordergrund drängen. Als Martin den Schauspieler Christoph Waltz ablichtete, ging er mit ihm ins Hamburger Literaturhaus. Die gediegene Caféhausatmosphäre mit seinem verspielten Deckenschmuck passte wunderbar zum Wiener Urgestein. Nach dem offiziellen Shooting glänzte der Oscar-Preisträger für den Fotografen noch in einer außerplanmäßigen Nebenrolle. Der heftige Wind an der nahen Alster brachte Martin auf die spontane Idee mit einem zerzausten Regenschirm zu arbeiten. Waltz willigte ein und spielte mit einem flatternden Schirmwrack.

Mit oder ohne Löwe

Schwieriger wird es mit Personen zu arbeiten, die nicht über die Ausdrucksmöglichkeiten eines Schauspielers verfügen. „Sie muss man intensiver führen, ihnen etwas an die Hand geben, das es ihnen erleichtert sich darzustellen – eine Form, ein Gegenstand mit dem sie agieren können“, rät Martin. Egal, ob ihnen das Posing leicht oder schwer fällt, es sind stets die Prominenten, die entscheiden, wie weit sie sich auf Fotoideen einlassen. Das musikalische Ausnahmetalent Selkis Riefling stieg für Martin mit ihrer Geige sogar bis an die Schultern in einen Seerosenteich. Bei einem Shooting des glampool-Fotografen Frank P. Wartenberg gesellte sich Nina Ruge zu einem ausgewachsenen Löwen, legte ihre Hand ganz entspannt auf dessen Fell. Die Moderatorin entschloss sich mutig gegen die Montage zweier separater Fotos. „Wenn Promis merken, dass etwas ganz Besonderes entsteht, ziehen sie auch mit“, sagt der Fotograf.

Drei Stunden Retusche

Allein mit der Fotografie ist der Job jedoch noch nicht getan. Die Bildretusche ist gerade bei Promis unerlässlich. Früher war Hanuschka auch hinter der Kamera aktiv, jetzt ist er für die Bildbearbeitung verantwortlich. Seine Werkstatt glamtouch sitzt direkt in der Agentur. „Bei uns werden fast nie Bildinhalte per Stempelfunktion eliminiert. Wir erhalten in der Regel alle im Bild enthaltenen Pixel und modifizieren diese lediglich“, räumt er gleich mit ein paar Vorurteilen auf. Auch die Haut der Promis wird nicht radikal weichgezeichnet. Sämtliche Hautporen bleiben sichtbar.

Wie immer gibt’s aber auch hier einige Ausnahmen. Die Celebrities legen fest, ob sie eine Narbe oder ein Muttermal entfernt haben möchten. Dann gilt es noch kleine Fehler zu beseitigen, die beim Shooting entstanden: Mal wirft eine Bluse ungewollt Falten oder ein Stück BH guckt unter dem Kleid hervor. Allerdings fallen nicht alle dieser kleinen Fauxpas dem Retuscheur zum Opfer. Einer Schauspielerin sind beim Shooting ein paar Strähnen ins Gesicht gerutscht. Das sieht nett und frech aus, bleibt also. Aber zwischen den Haaren blitzt nun Haut durch, was optisch irritiert. Also wird die Partie mit ein wenig digitaler Mähne geschlossen und der Blick des Betrachters gilt wieder ganz dem Gesicht des Models.

„Ob es nun ein störendes Detail ist oder eine Wand im Hintergrund, die ich farblich angleiche oder abdunkle, wichtig ist mir, die Aufmerksamkeit auf die abgebildete Person zu fokussieren“, erklärt Hanuschka. In den etwa drei Stunden, die ein Retuscheur normalerweise an einem Bild arbeitet, beschäftigt er sich die meiste Zeit mit den Bildkontrasten. „Die Mittelung von Licht und Schatten ist unsere Hauptaufgabe, denn dadurch verschwinden Hautirritationen und es entstehen interessante Looks“, berichtet der glamtouch-Chef. Beim partiellen Abdunkeln oder Aufhellen von Bildpartien greifen die Profis allerdings nicht auf die klassischen Abwedelwerkzeuge von Photoshop zurück, sondern verwenden Maskierungen um die Bilddaten in ihrer technischen Qualität zu erhalten. Nicht selten finden sich am Ende im Bearbeitungsdokument etwa zwanzig Korrekturebenen mit ganz individuellen Angleichungen. Größere Brüste oder eine schlankere Taille gibt’s bei Hanuschka jedoch nicht. „Leider vermuten heutzutage viele hinter einem perfekten Bild immer sofort eine Bildmanipulation. Dass niemand mehr der Fotografie traut, ist ein Verlust.“ Der gelernte Fotograf setzt dagegen auf optisches Verständnis: „Bildretusche beschränkt sich nicht auf Technik. Man braucht in erster Linie ein fotografisches Auge.“